Gebäudeautomation

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Die digitalen Systeme im Gebäude sorgen –
nahezu unsichtbar – dafür, dass Betrieb und
Nutzung eines Gebäudes ökologisch und
ökonomisch sinnvoll ablaufen. Im Vergleich
zu früheren Techniken werden bis zu 45 %
an Betriebskosten durch Anwendung moderner
digitaler Techniken eingespart (nach
EN 15232, SIA 386.110 „Energieeffizienz
von Gebäuden – Einfluss von Gebäudeautomation
und Gebäudemanagement“). Heute
verwenden Gebäude Europaweit 41 % der
Primärenergie.
Eine Gebäudeautomation (GA) als die Weiterentwicklung
der Mess-, Steuerungs- und
Regelungstechnik (MSR) in Verbindung mit
der Kommunikationstechnik (Bus-Systeme,
Funk-Sensorik), Mikrocomputer und Softwaretechnik
ist heute in jedem Falle erforderlich
– sonst wird es nicht warm und
es kommt keine Luft aus der Klimaanlage.
Die Fragen sind nur noch: Wie „intelligent“
sind die Funktionen, ist die Technik noch
vom Menschen beherrschbar? Wie zuverlässig
ist der Errichter der Automation und
wie viel Knowhow und Erfahrung haben
dessen Mitarbeiter? Und ganz wichtig: Gibt
es einen Betreiber, der die hochkomplexe
Technik sinnvoll beherrscht? Der Einsatz
solcher Systeme bewirkt kein „intelligentes
Gebäude“ – es geht um die Intelligenz und
die Qualifikation der Menschen, die solche
Systeme planen, einbauen und bedienen.
Was genau ist nun die Gebäudeautomation,
bestehend aus der Raum- und Anlagenautomation?
Gebäudeautomation ist die Mess-, Steuer-,
Regel- und Leittechnik, für alle automatisierbaren
Baukonstruktionen, technische
Anlagen, Außenanlagen und Ausstattungen
von Gebäuden.
Die Komponenten
Zu einer Anlage der Gebäudeautomation
gehören:
Gebäudeautomation –
Schlüsseltechnik für interdisziplinären Interessenausgleich und Energieeffizienz
Dipl.-Ing. (FH) Hans R. Kranz VDI, HAK Ingenieurberatung
• Feldgeräte (Fühler und Stellgeräte oder
Sensoren und Aktoren),
• Verkabelung und/oder Netzwerk der Feldgeräte
und der Antriebe,
• Schaltschränke mit Einspeisung, Automations-
und Leistungsteil,
• Automationseinrichtungen in DDC-Technik
und lokale Vorrang-Bedieneinrichtungen,
• Dialogorientierte Bedien- und Beobachtungs-
bzw. Managementeinrichtungen,
• Datennetze und Kommunikationseinheiten
zur Verbindung der Einrichtungen,
• Einrichtungen (Server) für Energie- und
Gebäudemanagement,
• Nutzungsrechte (Lizenzen) für Software,
• Dienstleistungen für technische Klärung,
Parametrierung, Test, Inbetriebnahme und
Dokumentation
In der Praxis zeigt sich, dass immer mehr
Funktionen in die Feldgeräte wandern, die
(funktional zu sehende) Automationsebene
übernimmt Rechnen und Optimieren während
die Managementebene für analytische
und Engineering-Aufgaben frei bleibt.
Bedienen der Anlagen ist natürlich in jeder
Ebene möglich. Der Begriff Optimierung
bedeutet nichts anderes als Verbesserung.
Ein Optimum ist einfach der „Bestfall“,
wobei es hier
wiederum auf
den Blickwinkel
und Standpunkt
ankommt. Lokale
Optima (einzelner
Gewerke) müssen
jedoch nicht
zwangsläufig zu
einem Gesamtoptimum
für das
Gebäude führen. Die Gebäudeautomation ist heute Werkzeug
für Manager, gleichzeitig Koordinator und
Nervensystem moderner, flexibler, dynamischer
und umweltfreundlicher Gebäude.
Schlüsseltechnik
Die digitale Gebäudeautomation hat sich zur
Schlüsseltechnik für das Beherrschen der
immer komplexer werdenden Gebäudetechnik
entwickelt, da alle notwendigen Informationen
im Gebäudeautomationssystem
zusammenlaufen. Wenn alle Möglichkeiten
im Bereich Planung und Bau ausgeschöpft
sind, kann sich der gewünschte Erfolg nur
einstellen, wenn bei der Betriebsführung
von komplexen Gebäuden auf eine ausreichende
Qualifikation des Personals geachtet
wird. Der gefürchtete Kompetenzbruch nach
Übergabe wird voraussichtlich nur bei Einsatz
von Gebäude-Betriebsingenieuren oder
Gebäudetechnikern (Berufsbild?) vermieden
werden können. Wirtschaftlich ist der Einsatz
höherqualifizierter Gebäudebetreiber oft
nur bei Zuordnung von mehreren Gebäuden
denkbar.
Somit wird die Fernbewirtschaftung von
Gebäuden zum ökonomischen und ökologischen
Erfolgsfaktor. Eine wesentliche
technische Voraussetzung dafür ist jedoch
die Kommunikationsfähigkeit der digitalen
Gebäudeautomation auf Basis eines weltweit
anerkannten und genormten Kommunikationsprotokolls
wie EN ISO 16484-5
(BACnet).
Interdisziplinäre Dienstleistungen
Die Branche der MSR-Technik für Heizungs-,
Lüftungs- und Klimaautomation
hat sich vom Produkthersteller zum Dienstleister
für Planung, Engineering, Inbetriebnahme
und Betrieb interdisziplinärer, vermaschter
Automationstechnik in Gebäuden
gewandelt. Schwerpunkte sind neben dem
Wissen um die Funktionen der HLK-Technik,
das Projektmanagement- und Engineering-
Knowhow, aber auch das Wissen um
ein gewerkeübergreifendes „Gesamtoptimum“
beim Gebäudebetrieb.
Gebäude „eingefahren“?
Über die gesamte „Lebenszeit“ eines Gebäudes
hinweg hat der Betreiber bezogen
auf die rationelle Energienutzung und Energieeffizienz
und damit auf den Schutz unserer
Umwelt einen wesentlichen Einfluss.
Seine Aufgabe ist es auch, den Nutzer oder
Besitzer auf Möglichkeiten von Einsparungen
hinzuweisen.
Die pfiffigste Mausbedienung und die
schönsten bunten Bilder auf den Bildschirmen
der Gebäudeautomation nützen im
Sinne der Ökonomie nichts, wenn die dargestellten
Betriebsdaten nicht richtig analysiert
und interpretiert werden. Der Nutzen von
statistischen Datenanalysen mit darauffolgender
Anpassung von Betriebsparametern
(Neueinregulierung), wird besonders dann
deutlich, wenn Gebäude ca. ein Jahr nach
Fertigstellung „eingefahren“ sind, jedoch
auch im Betriebsalltag und im Anschluss an
Umnutzungen. Gebäudeautomation kann als
eine Art Diagnosestecker für die technische
Gebäudeausrüstung gesehen werden.
Synthese der Interessen
Wenn wir unter den vorgenannten Gesichtspunkten
die Interessen der unterschiedlichen
Beteiligten am Bau untersuchen, müssen wir
feststellen, dass die Anforderungen oft in
wesentlichen Punkten divergieren.
Der Investor erstellt das Gebäude so günstig
und repräsentativ wie möglich; oft wird zugunsten
„architektonischer Effekte“ an der
technischen Ausstattung gespart.
Der Nutzer will hohe Produktivität seiner
Mitarbeiter im Gebäude, bei geringen
Nutzungskosten, die er heute noch oft als
unvermeidlich, „gottgegeben“ hinnimmt.
Die Gesellschaft muss die „sozialen Kosten“ unrationeller Energieverwendung wegen der
Umweltproblematik reduzieren.
Der Betreiber möchte hohe Nutzerzufriedenheit
erzielen, bei geringem Aufwand;
Falsch angelegte Energieoptimierungen führen
häufig zu Beschwerden – daher wird in
Realität oft nur Störungs- und nicht Energieoptimierung
betrieben.
Die Synthese der unterschiedlichen Interessen
von Investor, Betreiber, Nutzer und
Sozialgemeinschaft herbeizuführen, ist eine
politische Aufgabe. Nur entsprechende Rahmenbedingungen
können einen Ausgleich
der Interessen bewirken.
Das Konzept heißt: Bit statt Watt, also
Hightech für rationelle Energienutzung im
Gebäude.

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